Studie: Menschen in Deutschland wollen nachhaltig reisen

Unser Jahr trug noch die Überschrift „2014“, da wies mich @sophie_becker auf eine Studie zur Einstellung der Deutschen in Bezug auf Nachhaltiges Reisen hin. Auftraggeber: Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. hat untersucht, ob Menschen in Deutschland nachhaltig reisen möchten, welche Hürden dabei überwunden werden müssen oder auch, welche Assoziationen überhaupt mit diesem Thema verbunden werden. Im Folgenden möchte ich für Euch die wichtigsten Aspekte zum Thema „Deutsche und Nachhaltiges Reisen“ zusammentragen, wenn Ihr Euch nicht durch die gesamten 69 Seiten des Abschlussberichts zum Forschungsvorhaben lesen wollt. Ihr wollt es noch kürzer? Am Ende des Artikels habe ich die Pressemitteilung des Bundesministeriums verlinkt.

Deutsche und Nachhaltiges Reisen: Hintergrund und Ziel des Forschungsvorhabens

Umweltschutz steht auf Platz 2 der aus der Sicht der deutschen Bevölkerung wichtigsten politischen Ziele. Platz 1 belegt die Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig entspricht der überwiegende Teil des touristischen Verhaltens nicht der Forderung nach Nachhaltigkeit. Das Ziel des Forschungsvorhabens ist demnach die Beantwortung folgender Fragen: Welche Hürden stehen dem richtigen Verhalten entgegen und wie können diese überwunden werden? Wie ist der Wissensstand der Bevölkerung um nachhaltiges Reisen und wie kann das Bewusstsein geschärft werden? Wie können die Konsumenten zur richtigen Entscheidung gebracht werden? Wie können Anbieter dazu gebracht werden, nachhaltigere Reisen anzubieten und das auch gut zu kommunizieren? Insgesamt wurden 7795 Personen persönlich und 5000 Personen online befragt.

Einstellung der Deutschen zu nachhaltigen Reisen allgemein

Für 31% der Bevölkerung in Deutschland ist ökologisches Reisen wichtig, für 38% sozialverträgliches Reisen. Allerdings verhalten sich diese Gruppen in Deutschland im Vergleich zum Bundesdurchschnitt kaum nachhaltiger. Auffällig: Personen mit höherer Bildung, höherem Berufsstand und höherem Haushaltseinkommen interessieren sich für dieses Thema überdurchschnittlich stark. Gleichzeitig reisen diejenigen Deutschen aber auch überdurchschnittlich stark und verhalten sich dabei nicht signifikant nachhaltiger.

Zahlungsbereitschaft der deutschen Bevölkerung für Nachhaltige Reisen

Interesse und tatsächliche Umsetzung können unüberwindbar weit auseinander liegen. So befürworten 42% der Deutschen nachhaltiges Engagement von Reiseveranstaltern, aber nur 12% sind dabei bereit, tiefer in die Tasche zu greifen. Das passt ja ganz gut zur oben genannten Erkenntnis, dass Platz 1 der wichtigsten politischen Ziele das Thema „Finanzen“ belegt.

Was verstehen Deutsche unter dem Begriff „Nachhaltiges Reisen“?

Nachhaltigkeit hat unterschiedlichste Aspekte (finanziell, ökologische, sozial). Ganz überwiegend verstehen Deutsche allerdings ausschließlich den Umweltaspekt darunter. Verständlich, wenn man sieht, dass dies auch so beispielsweise in Medien oder von Tourismusanbietern transportiert wird. Ganz interessant dazu mein Artikel Nachhaltiges Reisen: Was ist das eigentlich? Kann ich das?

Wer ist aus Sicht der deutschen Bevölkerung verantwortlich für den Nachhaltigen Tourismus?

65% sehen die deutschen Urlauber selbst in der Verantwortung zum Handeln, 57% verlangen ein entsprechendes Angebot der Veranstalter, 41% verlangen vom Staat einen entsprechenden „Ordnungsrahmen“, als Gesetze und Verordnungen. Mich beruhigt, dass wir als Bevölkerung nicht die Verantwortung an dieser Stelle von uns weisen, sondern uns selbst als Schlüsselfigur der Veränderung sehen. Für mich ist es häufig nicht leicht, konkrete Aspekte umzusetzen. Deshalb habe ich eine Reihe gestartet, die konkrete Tipps vorstellt. Online sind schon TIPP 1: Heimat als Urlaubsziel und TIPP 2: Nachhaltige Urlaubsaktivitäten.

Was hält uns Deutsche davon ab, Nachhaltig zu reisen?

55% sehen Nachhaltiges Reisen als zu teuer an, 49% fanden kein entsprechendes Angebot für ihre Urlaubswünsche, 43% bekamen nicht genügend Informationen zum Nachhaltigen Reisen (hier wäre eventuell ein Blick in den Wegweiser durch den Labeldschungel im Tourismus hilfreich). Ganz provokant meine These: Wir sind einfach zu faul und müssen zum Jagen getragen werden. Ich auch! Wer wird dies aber in der Umfrage freiwillig zugeben? Beziehungsweise glaube ich kaum, dass hier eine entsprechende Antwortmöglichkeit angeboten wurde. Um mir selbst einen Tritt in den Allerwertesten zu geben, sind meiner Erfahrung nach To-Do-Listen sehr hilfreich. In Nachhaltigkeit auf Reisen. Eine To-Do-Liste! motiviere ich mich und Euch in 19 Punkten zu konkreten leicht umzusetzenden Schritten.

Wobei sind Deutsche vor allem bereit, Nachhaltige Aspekte zu beachten?

Betrachtet man die Aspekte „Reisevorbereitung, Reiseziel, An- und Abreise, Unterkunft, Aktivitäten“, so sind wir Deutschen am ehesten bereit, uns im Rahmen der Aktivitäten nachhaltig zu verhalten. Konkret: „Tiere und Natur erleben, ohne der Natur zu schaden“, „Sitten und Gebräuche der gastgebenden Bevölkerung respektieren“ und „bei regionalen Anbietern/regionale Produkte kaufen“. Diejenigen, für die ein Aspekt ohnehin nicht in Frage kam (beispielsweise Fernreisen), nannten diesen überdurchschnittlich häufig als Verzicht. Wer sich bereits nachhaltig auf Reisen verhalten hat, hat eine deutlich höhere Wiederholungsbereitschaft und wer besonders wenig Einschränkungen zu erwarten hat, wiederholt diese Erfahrung auch besonders gern. Deutlicher: Eine Veränderung des Reiseziels schränkt sehr viel mehr ein als die Aktivitäten vor Ort selbst.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung: Deutsche und Nachhaltiges Reisen

Deutsche haben zwar Interesse am Nachhaltigen Reisen, Wunsch und die tatsächliche Umsetzung liegen weit auseinander. Dies kann vor allem erreicht werden durch eine Verringerung der Hürden (geringere Kosten, weniger Aufwand) und einer Erhöhung des Nutzens (Gutes Gewissen, attraktives und qualitativ hochwertiges Produkt, Imagegewinn im Umweld). Wir Menschen sind eben „Gewinnmaximierer“. Die praktische Umsetzung: Die Angebote sollten durch bessere Kennzeichnung leichter als nachhaltig erkennbar sein und das Angebot sollte zielgruppengerecht kommuniziert werden. Also: Urlaubsbedürfnisse befriedigen und trotzdem nachhaltig sein. Und ich als Mutter und Familienreisebloggerin sage natürlich: Schon unseren Kindern ein nachhaltiges Bewusstsein nahebringen, beispielsweise durch unser Vorbild, Kommunikation zu diesem Thema und auch entsprechende Literatur. Für die Kleinsten gibt es dazu bereits passende Bücher: Die Schnecke und der Buckelwal.

Weiterführende Links zum Thema „Deutsche und Nachhaltiges Reisen“

Deutsche wollen nachhaltig Reisen – Pressemitteilung des Bundesministeriums für Umweltschutz, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Funkloch – Reisen, Nachhaltigkeit, Work-Life-Balance

Einfach bewusst – Minimalismus, Nachhaltigkeit und vegane Ernährung

3 Comments

  1. Das Thema „Nachhaltig Reisen“ ist mir schon sehr oft durch den Kopf gegangen. Immer wenn ich Menschen sehe, die es nicht mal schaffen, ihren Müll wieder vom Strand mitzunehmen oder (gerade in Amerika) die Unmengen von Plastikbechern, die dort zum Frühstück verbraucht werden, dann finde ich – wie du sagst – der erste Schritt ist ein Bewusstsein zu erschaffen. Was hilft es, wenn man in einem „gelabelten“ Hotel übernachtet, was regionale Produkte verwendet, wenn man gleich darauf im Wald „ups“ einfach mal so ne Fluppe fallen lässt (überspitzt gesagt). Danke für deinen tollen Beitrag !

    1. Liebe Janett, zuerst danke herzlichst für Dein Lob. Und dafür, dass Du – soweit ich überblicke – zum ersten Mal auf meinem Blog einen Kommentar hinterlässt *freu*. Ja, wir Menschen sind vermutlich nicht altruistisch genug angelegt, als dass wir aus innerer Motivation heraus nachhaltig handeln wollen. Ich auch nicht, warum das verschweigen…Und wir verhalten uns dann entsprechend, wenn es uns „in den Kram passt“ (siehe Müll am Strand oder Zigarette im Wald). Andererseits wird der „Ökobewegung“ häufig auch Spaßbremserei vorgeworfen. Klar, wer will dauernd mit schlechtem Gewissen herumlaufen. Trend dabei: „Öko“ soll Spaß machen. Daher evtl. auch die gelabelten, schicken Hotels oder trendy Öko-Regional-Produkte. Es ist nicht leicht, aber sich deshalb NICHT damit zu beschäftigen, das hilft uns ja auch nicht weiter, oder? Liebe Grüße aus Stuttgart, Christina

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