Mit Kindern sind langatmige Museumsbesuche bis zu einem gewissen Alter undenkbar. Wer soll es ihnen verdenken. Spaß heißt in Kindernaugen eher: Rumtoben, Klettern, Schwimmbad, Spielen. Da passen staubige Exponate, viel Text, historische Themen eher nicht ins Konzept. Aber wenn das „Museum“ erst entdeckt werden muss? Wenn es alles andere als „aufgeräumt“ wirkt und es ein geheimnisvoller Zauber umgibt? Dann ist auch der Nachwuchs zu begeistern.
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Von Tallinns Innenstadt fahrt Ihr auf der Straße Pirita Tee Richtung Stadtteil Pirita. Ihr lasst das berühmte Russalma-Denkmal – eine Erinnerung an das 1893 in der Ostsee auf dem Weg nach Helsinki gesunkene Panzerschiff Rusalka – links an der Seepromenade liegen. Immer weiter der Ostseeküste entlang und nicht von der Weite des Meeres ablenken lassen, gell?
Rechts taucht vor Euch das sogenannte „Maarjamäe Loss“ – zu deutsch „Schloss Marienberg“ – auf. Hier ist Estlands Geschichtsmuseum untergebracht. Von der Geburt Estlands über die grausame Besetzungsgeschichte durch russische und deutsche Unterdrücker bis hin zur erfolgreichen Befreiung finden sich hier zahlreiche Exponate. Aber das ist nicht, wonach Ihr Ausschau haltet. Ihr umrundet das Gebäude und wendet Euch der Rückseite zu. Ich selbst hatte auch ein mulmiges Gefühl des Unerlaubten, aber Ihr dürft tatsächlich auf der Rückseite stöbern. Also nur Mut.
Und hier werdet Ihr die überwältigt sein: Russische – teilweise sehr große und im Laufe der Zeit zugewachsene – Statuen. Es wirkt, als hätten sich die Esten im Moment des Endes der Besatzung der Last entledigt. Die Statuen einfach abgelegt und aufgeatmet. Sie nicht wieder angetastet und verdrängt. Dieser Friedhof der Denkmäler strahlt eine ungeheure lebendige Geschichte aus. Wer sich davon nicht faszinieren lässt, ist wirklich selbst schuld.
Für mich war das Umherstreunen im Garten der Denkmäler an einem diesigen sehr frühen Morgen direkt nach der Fährankunft aus Schweden der Moment, in dem ich Estland verfallen bin. Meine baltische Liebe hat sich hier begonnen zu entwickeln. Und sie ist bis heute geblieben.
Leider ist der Friedhof der Denkmäler nicht mehr zugänglich. Das ganze Areal ist auf Grund der Bauarbeiten aufgegraben und abgesperrt. Einige Statuen kann man über den Bauzaun aus der Ferne noch erspähen. Vielleicht bekommen die gefallenen Denkmäler einen neuen Platz nach der Neueröffnung des Museums 2018.
Schade, ich hatte mich nach dem Bericht wirklich auf das „Entdecken“ des Geländes gefreut.
Trotzdem vielen Dank für die anregenden Reiseberichte.
Hallo Michael, danke für den hilfreichen Hinweis. Schade, ich fand besonders diese leicht morbide Atmosphäre macht den Reiz des Ortes aus…Herzliche Grüße, Christina