Essen im Baltikum

Essen im Baltikum

Wer eine Reise ins Baltikum plant, wird das Essen im Baltikum erkunden wollen. Gleich vorab gewarnt: Vegetarier haben es schwer in den baltischen Staaten. Deftig und fleischlastig zeigt sich die Küche.

Mit Einflüssen aus Ostpreußen, beziehungsweise den Prussen, den Ureinwohnern Ostpreußens. Auch Russland, Polen und Skandinavien übten einen kulinarischen Einfluss auf das Essen im Baltikum aus. Und, was für mich überraschend war: Die Mongolen ebenfalls. Besatzungs-, Flucht- und Besiedelungsgeschichte spielte auch bei der kulinarischen Entwicklung in allen Erdteilen schon immer eine große Rolle. Und auch wenn der Hintergrund oftmals ein kriegerischer ist, so zeigt sich zumindest bei dem Mahlzeiten eine versöhnliche Verbindung.

Schweinefleisch, Speck, Kartoffeln, Kohl, Sauerkraut. Diese Zutaten zeigen schon, dass hier der Magen ordentlich etwas zu tun bekommt. Leichte, bekömmliche Küche sieht anders aus. Dazu Pilze und Beeren aus den Wälder und durch die lange Küstenlinie auch Fisch.

Besonders lecker und beliebt: Die Piroggen. Gefüllte Teigtaschen, unseren Maultaschen in Süddeutschland oder auch den italienischen Ravioli ähnlich. Allerdings anders gefüllt und gewürzt.

Essen im Baltikum

Litauen

In Litauen besonders beliebtes Essen im Baltikum (auch bei uns auf unserer Baltikumrundreise) sind die sogenannten „Cepelinai“, Zeppelinförmige Kartoffelklösse, das litauische Nationalgericht. Teils aus rohen und gekochten Kartoffeln, gefüllt mit Pilzen, Schinken, Frischkäse oder Fisch und mit einer Art Schmand serviert. So gehaltvoll, dass ich persönlich gerade einmal zwei Stück davon essen kann. Sehr lecker und ein Gericht mit „Suppenkoma-Garantie“.

Ebenfalls sehr verbreitet als Essen im Baltikum und eigentlich mit deutschem Ursprung: Der „Kugelis“, der Kartoffelkuchen. Allerdings kann man die litauische Küche ganz und gar nicht über eine Kamm scheren. Das ist schließlich auch nicht in Deutschland möglich (denkt nur an die regionalen Unterschiede von Weißwürsten über Maultauschen bis hin zu Krabbentoast).

Vedarai ist ein Schweinedarm mit Kartoffelfüllung, sehr speziell.

Zemaiciu blynai, eine Art gefüllte Kartoffel mit Quark und Dill eine vegetarische Köstlichkeit.

Von manchen Gerichten habe ich leider nicht mehr den Namen herausbekommen können, aber kulinarisch äußerst positive Erfahrungen daran:

Den Namen „Bliny“ werdet Ihr vielleicht schon einmal gehört haben. Die zarten Eierkuchen aus Buchweizenteig sind ebenfalls sehr beliebt. Wichtig ist, dass sie dünn gebacken werden. Neutral zubereitet sind sie variabel verwendbar mit verschiedensten Aufstrichen und Füllungen, gerollt und rund. Ursprünglich sollen sie eine rituelle Bedeutung haben, da die runde Form an die Sonne erinnern soll.

Balandeliai: Die mit Ei und Hackfleisch gefüllten Rouladen heißen auf deutsch „kleine Tauben“.

Darüber hinaus sehr typisch: Alles mit saurer Milch, Aspik, Rouladen, Käse, Pfannkuchen, Kohl und Kartoffeln über Kartoffeln.

Am besten trödelt Ihr in Litauen auch einfach über die Märkte und lasst die Eindrücke auf Euch wirken.

Eher weniger meins, aber Sven mochte es: Das regionale Bier.

Süßigkeiten gehen immer, oder? Wir haben uns neben leckeren Nachtischen in Restaurants auch durch sämtliche Supermärkte beim Essen im Baltikum geschlemmt.

Essen im Baltikum

Lettland

In der lettischen Hauptstadt Riga verliebten wir uns in die säuerlich schmeckende knallrosa Rote-Beete-Suppe „Chalodni Borschtsch“. Hier wird der große russische Einfluss der lettischen Küche erkennbar. Viel Schmand ist neben der Roten Beete hierbei Grundvoraussetzung. Wir haben es gerade in unserer Quarantäne mit viel Fernweh im Herzen, Buttermilch, hartgekochten Eiern und sauren Gurken zuhause nachgekocht.

Rote-Beete-Suppe in Riga…
…und zuhause in Deutschland selbst zubereitet.
Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Suppe als Willkommensessen unserer Gastgeber in Riga. Hmmmm…

Piragi sind als Teigtaschen auch in Lettland allgegenwärtig. Gern mit Hackfleisch, Pilzen oder Kohl gefüllt. Wobei wir diese tatsächlich besonders ausführlich eher auf dem Rückweg durch Polen gegessen haben.

Typisch auch die „Ligsdinas“, gefüllt Frikadellen mit Kartoffeln und Schmand in der Suppe serviert.

Nicht probiert, weil als Vegetarier einfach nicht machbar, haben wir das Eisbein mit Sauerkraut.

Ich trinke zwar im Alltag wirklich wenig Alkohol, aber der typische schwarze Kräuterlikör, der „Balzamas“ hat mich nach so manchem Essen wie den mit Unmengen an Käse überbackenen Tomaten gerettet. Hat ein wenig was von Jägermeister.

Typisches lettisches Bier

Neben recht herzhaften und deftigen Gerichten findet Ihr in Lettland aber auch wunderbare süße Köstlichkeiten. Auch hier sind Pfannkuchen in jeglicher Form äußerst beliebt. Die allerleckersten süß gefüllten und mit Schokoladensoße übergossenen „Pankuka“, so der lettische Name, genossen wir am Rande des Gauja Nationalparks. Perfekt nach einer Kanutour.

karamellig-schokoladig-fruchtig-knusprig. Im kulinarischen Himmel.

Ganz besonders können wir Euch den Zentralmarkt in Riga empfehlen. Er ist der größte Lebensmittelmarkt Lettlands und nicht nur kulinarisch, sondern auch architektonisch – es sind ehemalige Luftschiffhallen – einen Besuch wert. Er existiert seit 1930 und ist auf über 72.300 Quadratmetern ein Schlemmerparadies. Nicht umsonst trägt der den Beinamen „Bauch von Riga“.

Danach oder davor am Fluss Düna entlang spazieren, ein perfekter Tag.

Essen im Baltikum

Estland

Auch in Estland werden die Einflüsse der umliegenden Staaten erkennbar, nicht nur auf den überaus präsenten Kriegsgräberfriedhöfen. Es ist etwas anderes, zu wissen, dass Deutschland kurz vor der russischen Grenze viel Leid verursacht hat. Und es dann zu sehen und zu fühlen. Unglaublich, wie nach so langer Zeit die Einflüsse immer noch erlebbar sind.

Schwarzwaldeinfluss in der estnischen Hauptstadt Tallinn im Cafe Katharinenthal im wunderschönen Park Kadriorg mit traumhaftem Schloss nur einen Katzensprung von der Ostseeküste entfernt.
Tortengenuss in Haapsalu an der estnischen Küste

Als Gericht ist das allen voran die „Schweinshaxe mit Sauerkraut“. Oder auch „Sült“, die Sülze. Da Estland nicht nur von deutscher, sondern auch von russischer Seite bedrängt wurde, erkennt man an Gerichten wie der „Seljanka“. Fleisch, Wurst, Zwiebeln, Möhren, Kohl, Dill, saure Gurken, dazu natürlich wieder die bekannte Saure Sahne. Der russischen Soljanka sehr ähnlich.

Russischer Einfluss im Supermarktregal in Estland. Seljanka und Rote Beete-Suppe mit Weißkohl.
Tomatensuppe mit dem beliebten Klecks säuerlichem Milchprodukt (Saure Sahne, Schmand, Creme Fraiche? Wer weiß das schon so genau im Baltikum?)
Sauer macht lustig ist das Motto im Baltikum. Dazu ein ordentlicher Honigwodka.
herzhaft säuerlich: Gefüllte Pfannkuchen am estnisch-russischen Peipussee mit Saurer Sahne
Frittiert, krautich, säuerlich: Fisch in einem russischen Restaurant am Peipussee auf estnischer Seite

Was wir besonders liebten in jeglicher Form: Kohuke. Ein mit Quark gefüllter Schokoriegel, im Kühlregal zu finden. Wieder mit russischem Einfluss, dort „Sirok“ genannt. Diese Leckerei findet sich auch in den anderen baltischen Staaten. Das passende Bild seht Ihr oben beim Abschnitt Litauen im Kühlregal. Aus Estland fehlt uns ein solches Foto leider.

Auch ein Traum in süß: Kama. Der Lieblingsnachtisch der Esten. Das Pulver aus einer Mischung von Gersten-, Hafer-, Roggen- und Erbsenmehl wird mit unterschiedlichsten Milchzubereitungen angerührt. Mir ist nicht ganz klar, wann Buttermilch, Dickmilch, Sahne, Joghurt oder Quark verwendet wird. Je nach Zutat wird es allerdings Getränk oder Nachtisch. Etwas Zucker und Moosbeeren oder Sanddorn dazu. Himmlisch.

Bei unserer Couchsurfing-Übernachtung in Tallin sogar noch Produkte aus der familieneigenen Sanddornmanufaktur geschenkt bekommen. Herzlichen Dank.
Kama-Nachtisch in Estland mit Beerensoße und vermutlich etwas Gelatine für die feste Konsistenz.
Kama als Getränk bei unserer Couchsurfingfamilie (Hallo, Reet) in der Nähe von Tartu.

Auch als Müsli oder sogar gesalzen nehmen die Esten dieses „Zauberpulver“ zu sich. Und in der dunklen Zeit der sowjetischen Besatzung stand es tatsächlich als Schokoladenersatz zur Verfügung.

Nicht unbedingt typisch aber lustig: Von unserer Gastgeberin privat gebackene Haschischkekse auf unserer Lieblingsinsel Hiiumaa in Estland.
Beerenlikörprobe in Estland.
(Nicht von uns) leegetrunkener estnischer Wodka an der Gedenkstätte Maarjamäe zum Gedenken der Opfer des Sowjetregimes in Tallinn.

Ein offenes kulinarisches Ende

Die kulinarische Geschichte des Baltikums muss hier ein offenes Ende finden. Alles, was ich Euch hier zusammen getragen habe, stammt von unseren eigenen genussvollen Erkundungen auf unserer Reise rund um die Ostsee, ist gesammelt aus Kochbüchern sowie Internetartikeln. Es hat mich an vergangene Sehnsuchtsorte geführt, die Geschichte meiner Großeltern in Osteuropa und mein eigenes Fernweh.

Seit mehreren Jahren wartet die Idee zu zu diesem Artikel in meinem Kopf. Seit 4 Wochen schleiche ich um ihn herum. Schreibe hier und da einen Satz. Stöber in Fotoordnern. Und merke immer mehr, dass die Betrachtung der baltischen Küche von mir immer nur eine von außen getätigte sein kann.

Deshalb beende ich meine Gedanken hier unperfekt und fehlerhaft.

Fühlt Euch frei, mich in den Kommentaren zu korrigieren oder ergänzen.

Weiterführende Artikel zum Baltikum und zum Essen im Baltikum

Ihr plant eine Reise ins Baltikum? Dann helfen diese Artikel weiter. Es geht um Geheimtipps für Orte, die perfekten Reiseführer, Übernachtungen, TOP-Ziele und die besten Aktivitäten auf Eurer Reise durchs Baltikum.

Baltikum: Diese Reiseführer sind empfehlenswert
Essen und Trinken in Lettland
Der Soomaa Nationalpark Estland
Die besten Ausflüge auf der Insel Hiiumaa
Noch mehr Ausflüge auf der Insel Hiiumaa
Endla Naturschutzgebiet Estland
Tallinn Estland: Der Friedhof der vergessenen Denkmäler
10 gute Gründe für eine Reise nach Estland
Bilderreise durch Tallinn
Kochkurs in Estland
Rundreise Estland: 6 Ziele
Hauptgerichte Estland
Kanufahren in Lettland: Gauja Nationalpark

2 Comments

  1. Hallo zurück!
    In der Reihe nach: in Estland ist es immer saure Sahne mit 20% Fettanteil. So gut wie überall.
    Wir – und noch andere, die faul sind – machen Kama als Getränk. Schnell und unkompliziert. Als Nachtisch mit Quark oder Sahne oder Joghurt (oder in verschiedenen Kombinationen gemischt) gibt es Kama in Restaurants, Kantinen etc. und wenn jemand zu Hause sich wirklich Mühe geben will. Ich würde es auch nicht Lieblingsnachtisch nennen, wir haben halt so wenige landestypische Gerichte, die nicht irgendwas mit Küchen andere Länder zu tun haben, dass wir Kama immer allen ausländischen Gästen anbieten.
    Sehr estnisch sind noch… Roggenbrot mit marinierter Sprotte, Kartoffel-Gerstenbrei und Pfefferkuchen (sehr harte Lebkuchen zu Weihnachten). Ausser Pfefferkuchen werden sie aber Gästen nicht angeboten, weil zu extrem.
    Liebe Grüsse, kommt mal wieder!

    1. Hallo liebe Reet, ich danke Dir sehr für Deine Korrektur, Du bist da natürlich die Profifrau. Roggenbrot mit marinierter Sprotte würde ich tatsächlich sogar probieren, aber sicher wäre es nicht gerade mein Leibgericht. Auch wenn Kama doch eher ein kulinarischer Notnagel zu sein scheint: Wir haben es in sehr guter Erinnerung und haben sogar etwas davon nach Hause mitgenommen damals, um ein wenig Estland in Deutschland zu genießen. Herzliche Grüße aus Deutschland nach Estland, Christina

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